Videoüberwachung und die DSGVO (Teil 2):
Zulässigkeit und Informationspflichten

Haben wir uns in Teil 1 der Reihe „Videoüberwachung und die DSGVO“ noch damit auseinander gesetzt, in welchen Räumen bzw. unter welchen Bedingungen eine Videoüberwachung betrieben werden darf, liegt der Fokus in diesem Teil auf den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Behandelt werden Fragen wie: Für wen gilt die DSGVO bei der Videoüberwachung? Welche Pflichten legt die DSGVO den Betreibern einer Videoüberwachung auf? Wie können diese Pflichten erfüllt werden? Was sind die Grundvoraussetzungen für eine datenschutzkonforme Videoüberwachung?

Videoüberwachung
und die DSGVO: Teil 1

Oder lesen Sie Teil 2 der Reihe „Videoüberwachung und die DSGVO“ und erfahren Sie, was die DSGVO von Ihnen verlangt und wie Sie Ihre Pflichten erfüllen können.

Pflichten, Strafen und Lösungen zur Videoüberwachung

Übersichtliche Kurzinformationen zu Ihren Pflichten, zu Strafen bei datenschutzwidriger Videoüberwachung und Informationsschilder nach DSGVO erhalten Sie hier.

Geltungsbereich der DSGVO

Keine persönliche oder familiäre Tätigkeit

Zur Beantwortung der Frage, ob und wann auch Privatpersonen die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung bei der Videoüberwachung beachten müssen, ist zunächst auf den sachlichen Anwendungsbereich gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO zu verweisen: Die Verordnung findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

Persönlich oder familiär ist dabei streng auszulegen: Es darf zunächst gem. Erwägungsgrund 18 DSGVO kein Bezug der Verarbeitung zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit bestehen. Es dürfen bei der Videoüberwachung zudem nur nicht öffentlich zugängliche Räume betroffen sein. Beispiele und Erläuterungen hierzu erfahren Sie in „Videoüberwachung und die DSGVO (Teil 1)“. So führt auch der Europäische Datenschutzausschuss in seinen Guidelines mit Bezug zum Urteil C-212/13 des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) dazu aus: Eine durchgängige Aufnahme und Speicherung personenbezogener Daten im Zuge einer Videoüberwachung eines Privatgrundstücks sei schon dann nicht mehr (rein) persönlich oder familiär, wenn auch nur teilweise öffentlich zugänglicher Raum von der Videoüberwachung erfasst werde.

Funktionierende Videoüberwachung und Kamera-Attrappen (Dummys)

Natürlich findet die Datenschutz-Grundverordnung gem. Art. 1 Abs. 1 DSGVO nur dann Anwendung, wenn auch tatsächlich personenbezogene Daten verarbeitet werden.

Aber Achtung: Auch durch so genannte Kamera-Dummys entsteht der Eindruck einer Überwachung, sodass auch Videokameras ohne tatsächliche Funktion das Persönlichkeitsrecht betroffener Personen beeinträchtigen. Diese können dann gegen den Betreiber zivilrechtliche Ansprüche (so z.B. das Landgericht Essen, Urteil v. 30.01.2019, Az. 12 O 62/18) gegen den Betreiber geltend machen wegen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts gem. Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Nach Empfehlung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LDI RLP) sollte eine Dummy-Kamera genauso ausgerichtet werden, wie wenn es sich um eine aktive Überwachungskamera handeln würde. Schließlich wird durch den Eindruck ständiger Überwachung ein so genannter Überwachungsdruck erzeugt, der die allgemeine Handlungsfreiheit erfasster Personen beeinträchtigt. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) empfiehlt daher eine „entsprechende Anwendung der Maßstäbe des Datenschutzrechts“.

Sonderfall: Videobeobachtung in Echtzeit

Mit der Videobeobachtung in Echtzeit ist die Aufnahme, direkte Übertragung und Anzeige der Überwachungsbilder gemeint, ohne dass die eigentliche Speicherung stattfindet. Die Bilder von der Kamera werden also unmittelbar auf dem Monitor wiedergegeben. Hier findet eine mindestens teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten statt (so auch BT-Drs. 14/5793) – die Grundsätze der DSGVO müssen also laut ULD beachtet werden.

Anhand einer Bewertung aller Umstände des Einzelfalls ist festzustellen, ob die Videoüberwachung durch nichtöffentliche Stellen zulässig ist:

Der Betrieb z.B. einer Türkamera ist nach Information des LDI RLP erlaubt, wenn

  • sie mit Betätigen der Türklingel anlassbezogen und nur für kurze Zeit aktiv wird,
  • sie nur den Nahbereich vor der Türe erfasst,
  • sie keine Daten über das Internet überträgt und keine Aufzeichnung erfolgt und
  • hierüber eine Information auf einem deutlich sichtbaren Hinweisschild dargeboten wird.

Zulässigkeit einer Videoüberwachung

Bereits vor Inbetriebnahme eines Überwachungssystems ist zu prüfen, ob dessen Einsatz überhaupt rechtskonform möglich ist:

Erforderlichkeit

Hinsichtlich der Erforderlichkeit sind Fragen zu beantworten wie z.B.

  • Besteht eine besondere Gefährdungslage, die durch Tatsachen belegt werden kann?
  • Muss erfahrungsgemäß mit bestimmten Gefährdungen gerechnet werden?
  • Würde die Videoüberwachung eine tatsächlich wirksame Maßnahme gegen diese Gefährdungen darstellen?
  • Gibt es keine vergleichbare oder sogar bessere Maßnahme, die das informationelle Selbstbestimmungsrecht bzw. Recht auf Schutz personenbezogener Daten der Betroffenen weniger einschränkt?

Vor dem Hintergrund der Rechenschaftspflicht bzw. als Beweis für das Vorliegen eines berechtigten Interesses sollten relevante Vorfälle mit Datum, Art, Schadenshöhe und ggf. Strafanzeigen möglichst dokumentiert werden. Ereignisse in der Nachbarschaft können ggf. auch eine Rolle spielen.

Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung

Rechtsgrundlagen können hierbei sowohl Art. 6 Abs. 1 lit. c, e DSGVO i.V.m. nationalen Gesetzen wie § 4 BDSG sein, regelmäßig findet die Überwachung jedoch auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO statt: Zur Wahrung des berechtigten Interesse des Betreibers. Hier ist laut Bundesverwaltungsgericht ganz entscheidend, ob es ein objektiv nachvollziehbares und schutzwürdiges Interesse für die Videoüberwachung gibt. Hierzu ist eine „Beweisführung“ wie oben beschrieben empfehlenswert.

Interessenabwägung

Schließlich müssen die Interessen des Betreibers („Verantwortlicher“) die Interessen der Betroffenen überwiegen. Auch muss hier berücksichtigt werden, ob gem. Erwägungsgrund 47 die betroffenen Personen vernünftigerweise nicht mit einer Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten rechnen müssen. Laut der Datenschutzkonferenz (DSK) ist vor allem entscheidend, ob also die Videoüberwachung in bestimmten Bereichen der Sozialsphäre typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. Vor diesem Hintergrund stuft der Europäische Datenschutzausschuss die Videoüberwachung nachts und außerhalb der Öffnungszeiten als ein bedürfnisgerechtes Mittel des Betreibers ein, um sein Eigentum zu schützen.

Informationspflichten und ihre Umsetzung

Bisherige Informationspflichten

Ist die Videoüberwachung nach den obigen Punkten zulässig, so müssen Sie insbesondere die Informationspflichten gem. Art. 13 DSGVO erfüllen. Damit sind die altbekannten Hinweisschilder mit nur einem Kamerasymbol, einer Aufschrift wie „VIDEOÜBERWACHT“ und eventuell dem Namen und den Kontaktdaten des Betreibers datenschutzwidrig und müssen ersetzt werden.

Sie müssen frühzeitig und transparent über Ihre Videoüberwachung informieren. Mit unseren sichtbar angebrachten Kurz-Informationsschildern können Sie mögliche Betroffene rechtzeitig auf die stattfindende Überwachung aufmerksam machen. Zudem wirken diese Schilder abschreckend.

Der Europäische Datenschutzausschuss in seiner Leitlinie 3/2019 beschreibt die Vorgaben zur Umsetzung der Informationspflichten durch 2 Hinweisschilder:

Stufe 1:
Die wichtigsten Informationen – Das vorgelagerte Hinweisschild

Diese Information muss vor der Videoaufnahme stattfinden:

  • Umstand der Beobachtung: Piktogramm bzw. Kamerasymbol
  • Identität des für die Videoüberwachung Verantwortlichen: Name, Kontaktdaten
  • Kontaktdaten des betrieblichen Datenschutzbeauftragten (sofern es einen solchen gibt, ist diese Angabe verpflichtend)
  • Verarbeitungszwecke und Rechtsgrundlage in Schlagworten
  • Berechtigtes Interesse (sofern die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO beruht)
  • Speicherdauer
  • Ort der weiteren Pflichtinformationen gem. Art. 13 Abs. 1, 2 DSGVO (wie Auskunftsrecht, Beschwerderecht, ggf. Empfänger der Daten)

Um Ihnen die Erfüllung Ihrer vorgelagerten Informationspflichten zu erleichtern, haben wir vorgelagerte Schilder entwickelt, die sich unmittelbar an den offiziellen Empfehlungen orientieren und problemlos von Ihnen  vervollständigt werden können. Sie finden diese hier:

Stufe 2:
Die weiteren vorgeschriebenen Informationen – Das nachgelagerte Hinweisschild

Diese Informationen müssen an einem zentralen Ort leicht erreichbar sein (z.B. Information, Rezeption, Kasse). Eine rein elektronische Form dieser Information ist nicht ausreichend, sie soll auch nicht-digital verfügbar sein.

  • Ausführliche Darstellung der Informationen aus dem vorgelagerten Bereich
  • Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten
  • Erläuterung der Rechte der Betroffenen

Die weiteren, umfangreichen Pflichtangaben können Sie mit unseren nachgelagerten Schildern erbringen, welche an zentraler Stelle aufzuhängen sind. Im Lieferumfang ist zudem eine Anleitung enthalten, die das Individualisieren der Schilder erläutert. Sie finden diese hier:

Ansprechpartner: Maximilian Günnewig

Maximilian Günnewig hat Wirtschaftswissenschaften studiert (M. Sc. RWTH), ist
geprüfter IT-Sicherheitsmanager (SGD) und zertifizierter Datenschutzbeauftragter (IHK). Er ist Geschäftsführer der Primezert GmbH und berät Unternehmen bei der praktischen Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorgaben.